0459 — Praxisarbeit zur Erstellung einer Checkliste zum Forschungsdatenmanagement

Die drei Hochschulen des Ruhrgebietes Fachhochschule Dortmund, Hochschule Bochum und die Westfälische Hochschule haben sich als forschungsaktive Hochschulen für angewandte Wissenschaften im Jahr 2019 zu einem Konsortium zusammengetan, um das Thema Forschungsdatenmanagement (FDM) hochschulübergreifend sowohl strategisch als auch operativ nachhaltig zu etablieren. Insbesondere sollen unter Bezugnahme auf laufende, zum Teil hochschulübergreifende Forschungsaktivitäten gemeinschaftlich Forschungsdatenmanagementstrukturen, Prozesse und Standards definiert und aufgebaut werden. 

Grundlage der nachhaltigen Verankerung ist ein hochschulübergreifendes FDM-Konzept, dass entsprechende Standards und Prozesse beinhaltet. Das FDM-Konzept entsteht auf Basis einer Bedarfsanalyse zum FDM, die im ersten Quartal 2022 durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Erarbeitung entstand die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement, die als Weiterentwicklung des FDM-Konzeptes betrachtet werden kann. 

Die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement versteht sich als Tool, welches die Erhebung, Sammlung, Verwaltung, Aufbewahrung, Nutzung und Veröffentlichung der Forschungsdaten dokumentiert und die Integrität und Vertraulichkeit der Forschungsdaten gewährleistet. Hierbei erfüllt sie die Funktion eines interaktiven Datenmanagementplans. Das FDM kann mitunter sehr kleinteilig und fach- bzw. projektspezifisch sein. Mit der zunehmenden Forderung der Forschungsförderer nach Datenmanagementplänen — bereits bei der Antragstellung — entstehen von Seiten der Forschenden sowohl Bedarfe nach Beratungsangeboten zur Erstellung von Datenmanagementplänen, als auch zur konkreten Umsetzung des FDMs.

Die bestehenden Vorlagen und Muster an Datenmanagementplänen sind auf Grundlage von Leitfragen konzipiert und verweisen dadurch auf wichtige Aspekte des FDMs und der FAIR-Prinzipien bzw. deren Umsetzung (DFG, 2021; Helbig, 2022; Horizen Europe, 2021).1 Für Forschende, die bisher noch keine oder wenig Berührungspunkte mit der Erstellung von Datenmanagementplänen haben, können allerdings Informationslücken entstehen, da ihnen z.B. fachspezifische Metadatenstandards, Datenveröffentlichungen über Repositorien, Lizenzierungen von Forschungsdaten oder rechtliche Hindernisse bisher nicht bekannt sind. An dieser Stelle hilft die Checkliste den Forschenden, sich nicht »alleine« gelassen zu fühlen. Proaktiv werden Forschende systematisch darin unterstützt Datenmanagementpläne zu erarbeiten. Die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement hilft mit Links, Empfehlungen, Beispielen und konkreten Serviceangeboten weiter, die den Forschenden bei der Erstellung eines Datenmanagementplans unterstützen. Zudem stellt die Checkliste ein strukturiertes Vorgehen (Prozess) dar, da jeder einzelne Schritt und Teilschritte definiert werden. Die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement bietet in dieser Hinsicht Hilfe zur Selbsthilfe und unterbreitet ein niederschwelliges Angebot an Forschende, ihr Forschungsdatenmanagement zu erfassen und nachzuhalten. Hierbei erhebt die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sondern sie dient als Hinweis für Forschende in Hinblick auf weitere wesentliche Aspekte, die im FDM relevant sind bzw. sein können. Im nächsten Schritt gilt es die Checkliste im Rahmen der vier Pilotprojekte des Hochschulverbundes der Fachhochschule Dortmund, der Hochschule Bochum und der Westfälischen Hochschule zu erproben und zu evaluieren. 

Der Aufbau der Checkliste zum Forschungsdatenmanagement orientiert sich am Forschungsdatenlebenszyklus. 2 Als Grundlage wurden die drei bereits erwähnten Vorlagen für Datenmanagementpläne bzw. die Checkliste der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) als zusätzliche Maßgabe für die Ausarbeitung verwendet. Auf Grundlage dieser Materialien wurde ein erster Forschungsdatenmanagementprozess abgeleitet, der für die Checkliste sieben Schritte beinhaltet. Mittels einer Literaturrecherche wurden konzeptionelle und inhaltliche Aspekte ergänzt. Für die konzeptionellen Ergänzungen wurden unter anderem das Diamant Modell 2.0 herangezogen, dass einen FDM-Referenzprozess beinhaltet (Lemair et.al.,2020). 3 Der FDM-Referenzprozess dient als wichtige Vorlage für die Ergänzung der sieben Schritte inklusive Teilschritte in der Checkliste zum Forschungsdatenmanagement. Zudem wurde die forschungsprozessspezifische Kompetenzmatrix 4 nach Blask et.al., 2019 genutzt, um aus den aufgeführten Kompetenzen weitere Teilschritte abzuleiten oder bestehende Teilschritte zu ergänzen. Darüber hinaus wurde die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement mit bestehenden Listen angereichert. Insbesondere der Checkliste zur Erstellung eines Datenmanagementplans (Helbig, 2015). 5 

Der hierdurch entstandene Prozess, mit den einzelnen Schritten und Teilschritten wurde dann inhaltlich mit Empfehlungen, Beispielen und Links angereichert. Eine umfangreiche Quelle bildete hierfür des Train-the-Trainer-Konzept zum Thema Forschungsdatenmanagement (Dolzycka et.al. 2019). 6 Weitere Links wurden durch eine Linksammlung, die aus der Arbeitserfahrung entstanden ist, ergänzt. Weitere wichtige Ergänzungen wurden aus den Erkenntnissen der in dem Hochschulverbund vorgenommen Bedarfsanalyse entnommen. Dies umfasst Aspekte hinsichtlich der Nutzung von Metadatenstandards, Bekanntheit von FDM-Tools oder auch Möglichkeiten der Nutzung externen FDM-Services, wie fachspezifischen und generischen Repositorien. Entsprechende Verlinkungen wurden zu den genannten Punkten in der Checkliste hinterlegt. Darüber hinaus fanden Erfahrungswerte aus der täglichen Arbeits,- und Beratungspraxis Eingang in die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement. Dies umfasst insbesondere die Nennung konkreter Beispiel wie einem Zitationsbeispiel für Datensätze, Beispiele zur Dateiennamenskonvention und das Beispiel einer Back-up Strategie.

Abschließenden wurden zu den einzelnen Teilschritten Freitextfelder, die die Forschenden entsprechend ausfüllen sollen oder Checkboxen in denen ein einfacher Haken gesetzt werden kann, wenn der Teilschritt bearbeitet wurde, hinzugefügt. 7 Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt gliedert sich die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement in insgesamt sieben Schritte, die sich an dem Forschungsdatenlebenszyklus und bekannten Datenmanagementplänen orientieren. 

Die ausgearbeitete Checkliste zum Forschungsdatenmanagement gliedert sich wie folgt:

Das Ziel eine interaktive Checkliste zum Forschungsdatenmanagement zu erstellen- mit der Forschende selbständig und proaktiv arbeiten und mittels der vorliegenden Checkliste einen Datenmanagementplan erstellen- kann nur gelingen, wenn die Checkliste zum Forschungsdatenmanagement ein niederschwelliges Angebot darstellt. Ein stringentes Layout wie hier ausgearbeitet ist wichtig, um Nutzer*Innen die Zugänglichkeit für komplexe Themen zu vermitteln und einen Anreiz zu schaffen Forschende dazu zu bringen proaktiv an ihrem FDM zu arbeiten. 

Über die inhatlich,- konzeptionelle Zusammenarbeit der Checkliste des bisher erwähnten Verbundprojektes hinaus, konnten durch die Teilnahme am Forschungsdatenmangement Zertifikatskurs weitere Synergien im Rahmen der NRW-weiten Bildungslandschaft bewirkt werden. Hierzu gehört sowohl die interdisziplinäre Zusammenarbeit fachbereichs,- und hochschulübegreifend der beiden Urheber*innen dieser Checkliste, als auch weiterführend die gemeinsame Verwendung eines CC-BY-Lizenzierten Designs der Universität Siegen der Herausgeber*Innen des Projektes „Digitalität menschlich gestalten (dime:US)“. 

Diese Vernetzung verdeutlicht gelungen die Bemühungen dahingehend NRW-weit Materialien im Sinne gemeinsamer Openness-Strategien der Hochschulen und Universitäten zu publizieren und dadurch Mehrwerte für alle Akteur*Innen der Bildungslandschaften zu kreieren. 

Die interaktive Checkliste zum Forschungsdatenmanagement stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Prototypen dar. Das Forschungsdatenmanagement unterliegt fachspezifischen Anforderungen und Bedürfnissen, die die Checkliste beeinflussen. Diese erfordern eine stetige Weiterentwicklung der Checkliste durch Forschende selbst. 

Kritisch bleibt festzuhalten, ob die Checkliste für differenzierte Anwendungsszenarien spezifiziert bzw. abgestimmt werden muss. Beispielsweise wäre hier eine Aufteilung der Checkliste nach selbst erhobenen Daten und nachgenutzten Daten vorstellbar. Entsprechend gilt es die Checkliste in der wissenschaftlichen Praxis zu testen und an die jeweiligen fachspezifischen Anforderungen und Bedürfnisse weiter zu entwickeln. Als erste Gelegenheit bieten sich hierzu die eingangs erwähnten vier Pilotprojekte, im Rahmen des Projektes FDMScout.nrw, im Hochschulverbund mit der Fachhochschule Dortmund, der Hochschule Bochum und der Westfälischen Hochschule an. Die Pilotprojekte dienen der ersten Erprobung/Umsetzung des Forschungsdatenmanagements und sollen darüber hinaus als Multiplikatoren dienen. In Rahmen dieser Pilotprojekte kann die Checkliste auf Praxistauglichkeit geprüft und ergänzt werden. Hierbei bietet sich auch die Möglichkeit, dass auf Grundlage der Checkliste fachspezifische Good-Practices zur Umsetzung des FDMs entstehen. Darüber hinaus soll die Checkliste im Zuge der weiteren operativen und strategischen Verankerung des FDMs im Hochschulverbund durch FDM-Services der Hochschulen ergänzt werden. Dies umfasst konkrete Angebote wie z.B. GitLab oder Ansprechpersonen aus den Rechenzentren und Bibliothek.

1 DFG, (2021), »Forschungsdaten Checkliste – Umgang mit Forschungsdaten«, Versionsdatum: 21.12.2021, https://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/grundlagen_dfg_foerderung/forschungsdaten/forschungsdaten_checkliste_de.pdf, [zuletzt geprüft am 28.04.2022].

Helbig, Kerstin, (2022), »Muster-Datenmanagementplan für einen BMBF-Antrag«, Humboldt-Universität zu Berlin, https://www.cms.hu-berlin.de/de/dl/dataman/muster-dmp-bmbf/view [zuletzt geprüft am 03,05.2022]

2 Horizen Europe, (2021), »EU Grnats: Data Management Tamplate (HE)« Version 1.0 – 05.05.2021, https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwiRnLWU2cL3AhWJhP0HHX3-BXoQFnoECAkQAQ&url=https%3A%2F%2Fec.europa.eu%2Finfo%2Ffunding-tenders%2Fopportunities%2Fdocs%2F2021-2027%2Fhorizon%2Ftemp-form%2Freport%2Fdata-management-plan-template_he_en.docx&usg=AOvVaw1ho40vgdz3hm2YvFUZ-m4t [zuletzt geprüft am 03.05.2022]

Verändert nach Ludwig & Enke (2013), UK Data Archive (2013); Referenzen: Ludwig, J & Enke, H 2013, Leitfaden zum Forschungsdaten-Management: Handreichungen aus dem WissGrid-Projekt, Verlag Werner Hülsbusch, Glückstadt, Germany. UK Data Archive 2017, The Research Data Lifecycle. Available from: http://www.dataarchive.ac.uk/create-manage/life-cycle. [11.08.2017].

3 Lemaire, Marina; Gerhards, Lea; Kellendonk, Stefan; Blask, Katarina und Förster, André: Das DIAMANT-Modell 2.0. Modellierung des FDM-Referenzprozesses und Empfehlungen für die Implementierung einer institutionellen FDM-Servicelandschaft. (Universität Trier eSciences Working Papers, Nr. 05), Trier 2020. https://doi.org/10.25353/ubtr-xxxx-f5d2-fffb

4 Blask, Katarina; Förster, Andre´; Lemaire, Marina und Minn, Gisela, (2019), »Forschungsprozessspezifische Kompetenzmatrix für die Einführung des Forschungsdatenmanagements (FDM)«, Version 1.1.0, Arbeitspapier des BMBF-Projektes PODMAN.

5 Helbig, Kerstin. (2015). Hinweise und Checkliste zur Erstellung eines Datenmanagementplans. Version 1.0. Humboldt-Universität zu Berlin.

6 Dolzycka, Dominika, Katarzyna Biernacka, Kerstin Helbig und Petra Buchholz: Train-the-Trainer Konzept zum Thema Forschungsdatenmanagement. Version 2.0.Berlin, 2019. S.82, DOI:10.5281/zenodo.2581292.

7 Eine ausführliche Darstellung aller verwendeten Quellen finden Sie im Quellenverzeichnis der Checkliste zum Forschungsdatenmanagement.

HerausgeberInnen
Ahlgrimm, Doris Arianna

Raatz, Philip (FDM-Scout im Hochschulverbund, Fachhochschule Dortmund, Hochschule Dortmund und Westfälische Hochschule) https://orcid.org/0000-0002-9133-0077

Zitationsvorschlag Ahlgrimm, Raatz: Praxisarbeit zur Erstellung einer Checkliste zum Forschungsdatenmanagement. Version 1.0. Bochum/Siegen, 2022. 

Lizenzierung Praxisarbeit zur Erstellung einer Checkliste zum Forschungsdatenmanagement ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Praxisarbeit zur Erstellung einer Checkliste zum Forschungsdatenmanagement entstand im Rahmen der Förderlinie http://FDMScouts.nrw gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, in Kooperation mit der Digitalen Hochschule NRW (DH.NRW) und koordiniert durch die Landesinitiative https://www.fdm.nrw/ unter Mitwirkung des Projektes »Digitalität menschlich gestalten (dime:US)«, welches von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wird und im Prorektorat für Bildung an der Universität Siegen verortet ist.